Neu: "Empirische Arbeit zur Wirkung von tiergestützter Therapie auf die Patienten der Entgiftungsstation Mariatal"
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Hochschule Ravensburg-Weingarten Fakultät Soziale Arbeit, Gesundheit und Pflege

Bachelorarbeit
von Christine Schmidts

Therapie - Hund

 

Tiergestützte Therapie mit einem
Dandie Dinmont Terrier


Im Zentrum für Psychiatrie "Die Weissenau" Ravensburg gibt es seit März 2006 einen zweiten Therapiehund. Auf der Drogenentzugsstation Mariatal "arbeitet" ab sofort meine Dandie Dinmont Terrier Hündin Nessy als Stationshund.

 

Nach den guten Erfahrungen mit dem Therapiehund Bonzo, der auf einer akut-psychiatrischen Station eingesetzt ist, wollten wir im Bereich der Suchterkrankungen den Patienten die Möglichkeit geben, ihr Leid und Freud mit einem kuscheligen, verschmusten Hund und verschwiegenem Partner auf vier Pfoten zu teilen. Nessy ist von allen Patienten gut aufgenommen worden.

 

Was versteht man unter „Tiergestützte Therapie“ allgemein?

 

Tiergestützte Therapie richtet sich auf vier Säulen aus:

 

  • die Psyche,

  • das Soziale,

  • das Physische und

  • die Kommunikation.

 

Sie versteht sich als ganzheitliches Entwicklungs- und Förderangebot. Tiere erleichtern die Kontaktaufnahme und können die Teilnahme an anderen Therapien im Stationsalltag fördern – und wenn es nur darum geht, aufzustehen und mit dem Hund spazieren zu gehen. Jede Therapieform, die Tiere in irgendeiner Weise in den therapeutischen Prozess integriert, kann als „Tiergestützt“ angesehen werden.

 

Tiergestützte Therapie ist keine neue Therapieform und erhebt auch nicht den Anspruch darauf. Mit einer Vielzahl verschiedener Möglichkeiten kann unser Stationshund eingesetzt werden: er hilft bei Vereinsamung, Gefühlsverarmung, Unterforderung, mangelnder Geborgenheit, Langeweile, fehlendem Körperkontakt oder einfach nur einen Gesprächspartner zu haben, der in jeder Sprache dieser Welt angesprochen werden kann und auch verschwiegen ist.

 

Tiere wirken stimulierend und können durchaus in der Lage sein, versteckte Energien wieder zu wecken bzw. lang Verschollenes wieder hervorzuholen. Die Erinnerung an vergangene Gefühle und Erfolgserlebnisse,  z.B. beim ersten Mal streicheln oder spazieren gehen, kann gefördert werden. Der Verlust von Gefühlen und die Wahrnehmung solcher spielt eine Rolle bei Drogenentzugspatienten. Ein nicht zu unterschätzender Punkt bei uns ist auch, die Kommunikation unter den Patienten zu fördern im allgemeinen Umgang und beim Abbau von Ängsten.

 

Bei der Arbeit

Streicheln kann im Allgemeinen zur Reduzierung von Spannungszuständen führen (bei Tier und Mensch). In der Literatur werden noch andere Merkmale aufgeführt wie etwa positive Verstärkung, Sicherheit, veränderte Werte, die feinmotorische Beanspruchung kann spielerisch unterstützt werden, u.v.a..

 

Übereinstimmend wird beschrieben, dass die Tiere für das psychische Wohlergehen der Patienten eine nicht zu unterschätzende Rolle spielen. Streicheln und Berühren eines Tieres vermittelt ein Gefühl von Sicherheit (wenn man sich darauf einlassen kann – wenn nicht, so ist es unsere Aufgabe, Ängste abzubauen und nach Möglichkeiten zu suchen). Freundschaft und Intimität tragen zum psychischen und physischen Wohlergehen eines jeden Einzelnen bei. Mögliche Aspekte der tiergestützten Therapie können auch die Wahrnehmung auf allen Sinneskanälen verbessern und das Körperbewusstsein erhöhen. Der Aufbau von Selbstvertrauen, Selbstwert, Vorstellungskraft und die Entwicklung von Übertragungen. Grenzen spüren bei sich, aber auch bei dem Hund, z.B. Müdigkeit akzeptieren etc. Psychosoziale Aspekte: Heiterkeit, Einfühlungsvermögen, ein Tier stellt keine bevormundende oder wertende Instanz dar. Ein weiteres Ziel ist es, die Kommunikation und die Interaktion zwischen den Patienten zu verbessern.

 

 

Wesensmerkmale eines Therapie-Hundes

 

Wichtige Wesensmerkmale die ein Therapiehund haben sollte sind Menschenbezogenheit, Geduld, Gelassenheit und Aggressionslosigkeit. Der Hund   muss belastbar sein, da er in Situationen kommen könnte, die eine hohe Wesensfestigkeit voraussetzen. Grundgehorsam ist auch unerlässlich. Zum Erstaunen Mancher, die unsere Rasse aber gar nicht kennen, ist auch ein Dandie Dinmont Terrier durchaus hervorragend zum Therapiehund geeignet. Unser Stationshund erfüllt alle Vorrausetzungen und begleitet mich täglich begeistert zur Arbeit.

 

Therapiehaus-Eingang

Die überwiegende Mehrzahl der drogenabhängigen, erwachsenen Patienten haben oder hatten selbst einen Hund als Begleiter. Desto erfreuter sind sie schon bei der ersten Kontaktaufnahme während der Aufnahme, einem kleinen Vierbeiner zu begegnen, der jeden überfreundlich begrüßt. Damit bricht das erste Eis, die Unsicherheit und auch die Angst vor dem was kommt minimiert sich und steht nicht mehr im Vordergrund.  Zum besseren Verständnis, den Patienten im Drogenentzug geht es physisch und psychisch häufig sehr schlecht.

 

 

Nessy ist zu allen Patienten und Mitarbeitern freundlich. Sie genießt den Kontakt zu den Menschen.

Die Hündin wird von allen Patienten begeistert aufgenommen, ohne Vorbehalte z. B. wegen ihrer Größe. Im Gegenteil, sie lässt sich auf den Arm nehmen, passt mit auf das Sofa und genießt uneingeschränkt den Kontakt zu den Patienten. Sie darf sich frei bewegen, hat allerdings auch feste Aufgaben wie Spaziergänge, Teilnahme an Gesprächsrunden, Visite und Aufnahmegesprächen. Wenn sie morgens kommt, kann sie sofort spüren, welchem Patienten es besonders schlecht geht, den sucht sie auf und  legt sich ihm auf die Füße, schaut ihn von unten groß an. Das gefällt dem Patienten und lenkt ihn ab von seinen Beschwerden.

 

Der Dandie Dinmont Terrier hat sicherlich ein ganz besonderes und spezielles Einfühlungsvermögen für Menschen, denen es psychisch und physisch nicht gut geht. Mitarbeiter und Patienten sehen in dem Stationshund eine große Bereicherung, auf die keiner mehr verzichten möchte. Man darf sagen, dass die guten charakterlichen Eigenschaften der Dandie Dinmont Terrier sie für solche Einsätze qualifizieren.



 Kontakt: ulrike.murday@zfp-weissenau.de



Bilder: Therapiehunde bei der Arbeit

 

 

Nessy im Treppenhaus
der Kinik-Station

 

 

 

 

 

 

 

 

Tiergestützte Therapie im ZfP - Die Weissenau, jetzt mit drei Hunden

 

 

 

treue Augen?

 

 

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